Unterwegs

Unterwegs sein ist ein Hobby von mir. Neues sehen, aber auch schon bekannte, vertraute Orte auf- und besuchen.

Umso mehr genieße ich es, nun als Student wieder vergleichbare Freiheiten zu genießen wie in einer Zeit, die nun schon einige Jahre zurückliegt. Damals habe ich freie Tage genutzt, Städte und Orte zu besuchen. Dieses Gefühl des unterwegs sein setzt bei mir positive Emotionen in einer Weise frei, die ich kaum in Worte fassen kann. Ähnlich wie das Beobachten von Bahnhöfen oder Bahnfahren im Allgemeinen, beginne ich nun auch das Mitfahren immer mehr für mich zu entdecken. Schon ein paarmal habe ich Touren zwischen Berlin und Köln im Auto eines mir vorher fremden Fahrers zurückgelegt, manchmal auch nur einen Teil der Strecke. Das ist schon jedes Mal auch mit Spannung verbunden: Klappt alles wirklich wie vereinbart? Wie ist der Fahrer, wie die eventuellen anderen Mitfahrer und wie die Atmosphäre in der Reisegesellschaft?

Manchmal fressen wir zu siebt in so etwas wie einem Großraumtaxi die Kilometer, mit einem professionellen Fern-Chaffeur am Steuer. Diese Menschen haben es sich zum beruf gemacht, Strecken wie beispielsweise Köln-Berlin und zurück täglich oder jeden zweiten Tag mit einem möglichst vollen Auto zurückzulegen und dabei von jedem Mitfahrer ein Entgelt zu kassieren. Und klar, auf Dauer lohnt sich das bestimmt!

Es gibt aber auch diese Mitfahrgelegenheiten, die noch wirklich solche im klassischen Sinne sind. Menschen, die an einem bestimmten Tag aus bestimmten Gründen ein bestimmtes Ziel ansteuern und andere Menschen aus Kostenersparnisgründen in ihren Vehikeln mitnehmen.
Dies geschieht auch heute. Sehr spontan habe ich mich entschieden, zum ersten Mal in diesem Jahr an die Mosel zu reisen und Trier zu besuchen – immerhin unter den Top 3 der möglichen Studienziele, noch im letzten Sommer. An einem Donnerstagvormittag jemanden zu finden, der aus Berlin zur Porta Nigra fährt, ist jedoch gar nicht so einfach. In meinem Fall sogar unmöglich. Nicht mal entsprechende Aufrufe in sozialen Netzwerken waren von Erfolg gekrönt, von sicher sehr gut gemeinten doch leider ebenso wenig hilfreichen Hinweisen auf die gängigen Mitfahr-Portale im Internet, einmal abgesehen.

Also muss ich umdisponieren. Ich habe Glück und finde eine Möglichkeit, schon am frühen Morgen nach Köln mitgenommen zu werden. Der Fahrer macht schon durch seine Mails einen positiven Eindruck, bietet er doch an, mich direkt am Leopoldplatz abzuholen. Da lasse ich mich natürlich nicht zweimal bitten!
Noch in tiefster Dunkelheit und in sehr begrenztem Berufsverkehr sind wir ins Gespräch vertieft, kaum dass wir um die erste Straßenecke gebogen sind. Schnell stellen sich sehr ähnliche frühere Berufserfahrungen heraus und man tauscht sich aus. Die Zeit vergeht wie im Flug, auch weil ich müde bin und irgendwann noch einmal die Augen schließe. Als ich aufwache, haben wir bereits die Landeshauptstadt des am vergangenen Wochenende so wichtigen Bundeslandes hinter uns gelassen und nähern uns Nordrhein-Westfalen. Etwa zwei Stunden, die wir ab diesem Moment noch unterwegs sind, vergehen mit weiteren Gesprächen über Veranstaltungen, Berlin, Köln und mein eigentliches Ziel, Trier.

Mehr oder weniger plötzlich stehe ich mit einem Kaffee und einem Baguette als Frühstück bewaffnet in der alten Heimat. Sogar etwas früher als erwartet und mit einem guten Zeitpuffer. Da dauert es erstmal eine Weile, bis ich etwas und jemanden gefunden habe, mich in den kommenden 120 Minuten zu beschäftigen. Aber ebendiese 2 Stunden, einen weiteren Kaffee, zwei Berliner Pfannkuchen und ebenso ungeahnte wie unverhoffte Wiedersehen später, sitze ich schon wieder in einer der mir noch so wohlbekannten Straßenbahnen eines Kölner Fortbewegungs-Unternehmens mit guten und zuletzt sogar deutlich verstärkten Verbindungen zur örtlichen Kathedrale.

Nur wenige Meter sind es von meiner Ausstiegshaltestelle zu einer großen, gelben Tankstelle in unmittelbarer Nähe zu einer Autobahnabfahrt der A3. Hier gönne ich mir den nächsten Kaffee und spüre schon beim ersten Schluck: Jetzt bin ich wirklich wach! Kein Wunder, Köln ist sicher für mich immer sehr schön und eine Reise wert, aber das wirklich aufregende Ziel dieser Tour ist Trier. Und mit der Abfahrt hier rückt das in sehr greifbare Nähe, auch zeitlich. Vorfreude steigt auf. Jetzt nur noch hoffen, dass auch diesmal alles gut läuft, mein Fahrer sich nicht verspätet, schließlich ist er bereits von Nijmegen über Duisburg unterwegs und gabelt mich nur zwischendurch auf, und ich wirklich die Reise antreten kann.
Alle noch so leisen Zweifel sind völlig unbegründet. Bereits drei Minuten vor der verabredeten Zeit findet der mir beschriebene Opel Corsa mit entsprechendem Kennzeichen die Tankstelleneinfahrt. Zielstrebig halte ich auf den Wagen zu, der Fahrer steigt aus und begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln. Seine Beifahrerin winkt von ihrem Sitz aus. Schnell bin ich mitsamt meiner Tasche auf den Rücksitz geklettert und es geht weiter so richtig los.

Ich nehme die letzten Züge aus meinem Kaffeebecher und das Radio angeschlossene Mobiltelefon dudelt leise mir unbekannte Melodien vor sich hin während wir zurück auf die Autobahn kurven. Kaum haben wir die Auffahrt erreicht, greift der Fahrer nach dem Handy, tippt kurz darauf herum und die Musik stoppt zunächst, um dann mit einem anderen Lied und deutlich erhöhter Lautstärke wieder einzusetzen. Ich traue meinen Ohren kaum! Das kann nicht sein! Aus den Lautsprechern ertönt ganz unverkennbar einer der Songs, die in den letzten Tagen auch an einem Ort immer wieder abgespielt wurden, der mir in diesem Moment unglaublich nah und zugleich unendlich weit weg vorkommt – meinem Zuhause!
Ganz offensichtlich, ist meine derzeitige musikalische Phase gar nicht ausschließlich meine Entscheidung und so kommt es, dass ein temporeicher Song den heutigen

SOUNDTRACK DES TAGES

bildet, der nicht der erste dieser für mich immer bedeutender werden britischen Formation ist. Und er passt so gut in diesen Moment, dieses Gefühl! Ich muss breit grinsen und fühle mich unwillkürlich an den allerersten Tag, der in diesem Blog thematisiert wurde, erinnert. Mehr Bestätigung für eine spontane Entscheidung geht nicht. Die Laune ist gut, nein, sehr gut. Und ich fühle mich auf eine ganz eigene und schwer beschreibbare Weise Zuhause. Zuhause in diesem Moment. Unterwegs!

 

Sag allen hier ich bin unterwegs, und ich liebe jeden kleinen Schritt,
die Sonne strahlt, ich bin unterwegs, dieses Lächeln geht stets mit mir mit!

Phil Collins

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